Heute kommt hier ausnahmsweise mal ein Text mitten in der Woche. Ganz spontan. Denn ich will Euch was erzählen von einem Abend, der klein klingt, aber groß war. Der Abend war gestern, am Dienstag, in meiner Heimatstadt Lohne. (Alle Leserinnen und Leser, die nicht von hier kommen: Hört jetzt nicht auf zu lesen! Erstens heißt der legendäre Werbeslogan unserer Stadt, kein Witz, „Lohne lohnt sich“. Zweitens ist er wahr. Und drittens hätte der kleine, große Abend überall stattfinden können – und er hatte irgendwie auch mit der großen, weiten Welt zu tun. Und damit, was so ein Abend verändern kann.)
In Lohne sind gerade Kulturtage, und am Dienstag ist deshalb ein Ensemble der Musikschule Lohne auf der Kleinkunstbühne Chameleon aufgetreten: Lea Olberding, Elisa Nordlohne, Laura Deters, Michel Deters, Franz Diekmann und Jakob Lesch. Sie nennen sich Die Percussion Zentrale, was sinnvoll ist, denn sie spielen Marimbaphon, Schlagzeug und viele Schlaginstrumente, die es sonst noch so gibt. Am Dienstag aber wäre ein anderer Name treffender gewesen: die sensationellen Sechs.
Cool und charmant
Ich bin kein Musikexperte, aber fest steht: Was diese Truppe gezeigt hat, war ein Geschenk. Sie spielten mal allein, mal zu zweit, mal alle zusammen; mal leise, mal laut; mal klassisch, mal modern; mal kunstvoll, mal krawallig – und immer auf einem Niveau, das kaum zu fassen war für Musiker von 16 bis 19 Jahren. Zu sagen, dass ihr Auftritt großartig war, wäre eine bösartige Untertreibung. Ach so: Nebenbei haben sie ihren Auftritt dann auch noch so cool und charmant moderiert, als hätten sie im Leben nie was anderes gemacht.
Natürlich hat dieser Abend nicht die Welt verändert. Der Krieg, die Klimakrise, der Massenmörder Putin, das alles bleibt da. Aber der Abend hat die großen Katastrophen für zwei Stunden weit weggerückt. Er hat das Publikum verzaubert und in eine Art Paralleluniversum, eine heile Welt entführt. Er hat die Leute staunen lassen, was nach zwei Jahren Corona-Pause endlich wieder alles geht. Wie Jugendliche wachsen können. Wie gut sie sein können, wenn sie die richtigen Lehrer, das Talent, den Willen und das Durchhaltevermögen haben – und ein Team sind, das harmoniert.
Leuchtende Augen
Die Leute haben diese Entführung genossen. Man musste nur hören, wie sie geklatscht haben, wie sie geschwärmt haben, in der Pause und am Schluss, und man musste nur sehen, wie ihre Augen geleuchtet haben – dann wusste man das. So ein Abend verändert viel, gerade jetzt – als Lichtblick in finsteren Zeiten. Auf einmal waren da nicht mehr all die Sorgen, vor Corona, vor einem Atomkrieg, vor der Frage, wie alles wohl weitergeht; sondern da war nur noch diese richtig geile Show. Das tat gut, schenkte Luft zum Durchatmen, gab Kraft. Und, ja: Sowas darf sein, auch jetzt. Es muss sogar sein. Weil es ja nicht hilft, aus Weltschmerz in Trauer zu versinken.
Viele Menschen an vielen Orten genießen es, dass solche Abende jetzt wieder erlaubt sind, nach der endlos erscheinenden Pandemie. Sie verändern für beide Seiten so vieles. Für die Künstler, die endlich wieder auftreten, vor Publikum spielen, Applaus bekommen dürfen, bei Konzerten, Festivals, Musicals. Und für die Zuschauer, die wieder zusammenkommen, klatschen und quatschen dürfen.
Dass dieser Abend so leuchten konnte, das hatte übrigens noch einen Grund. Es lag an der Bühne, die das Ensemble bespielen durfte. Das Chameleon ist neu, es hat gerade erst eröffnet – und schon jetzt lässt sich erahnen, wie es Lohne verändern kann. Es ist ein kleiner, feiner Ort für coole Kultur. 70, 80, 90 Plätze, daneben eine Theke: Das hat was. Da ist man gern. Da kann was wachsen. Da können aus kleinen Künstlern große werden. Das kann ein Magnet werden, der eine Kleinstadt großstädtisch prägt. Weil dieses Chameleon so ganz anders ist als das, was es bisher gibt – und anders auch als das, was man so erwartet.
So, liebe Leute, das war’s für heute, mit meiner spontanen Schwärmerei.
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Andreas