Sie kamen in diesem Jahr schon im Juni, die ersten Tropennächte in Deutschland. Jene Nächte, die den Schweiß treiben und den Schlaf rauben, mit ihren mehr als 20 Grad. Die uns fühlen lassen, wie anstrengend es ist, in einer heißer werdenden Welt zu leben.
Diese Nächte waren, wie sich bald zeigen sollte, eines der kleineren Probleme dieses Sommers. Anderswo kam es schlimmer: Im Westen Kanadas und Teilen der USA wurden die Menschen jüngst von einer Hitzewelle gepeinigt; Hunderte starben. 49,5 Grad wurden in dem kanadischen Ort Lytton östlich von Vancouver gemessen – ein Rekord. Der folgende Waldbrand zerstörte den Ort fast komplett. In Tschechien tötete ein Tornado mindestens fünf Menschen und verwüstete ganze Dörfer. In Bayern und Baden-Württemberg sorgten Unwetter mit Starkregen für Überschwemmungen.
Solche extremen Wetterlagen werden durch die menschengemachte Erderhitzung heftiger und häufiger. Diese Erderhitzung schreitet global voran, das ist wissenschaftlich zweifelsfrei belegt. 1,1 Grad wärmer ist es im Vergleich zur vorindustriellen Zeit schon geworden.
Warnung vor „unkontrollierten Kaskaden“
Welche Folgen das jetzt schon hat, zeigte jüngst auch eine erschreckende Nachricht aus der Wissenschaft: Aufzeichnungen der jüngsten Arktis-Expedition des Forschungsschiffs „Polarstern“ belegen, dass das Eis der Arktis schneller schmilzt als jemals zuvor. Fahrtleiter Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven warnte: Sollte die sommerliche Arktis eisfrei werden, könne dies „unkontrollierte Kaskaden“ auslösen. Diese Kaskaden könnten die Erderhitzung immer weiter antreiben.
Wenn wir diesen Trend nicht stoppen, droht unser Planet unbewohnbar zu werden. Das ist, weil es mit einer massenhaften Mars-Besiedlung in absehbarer Zeit wohl nichts werden wird, ein ausgewachsenes Problem.
Wie aber kann es dann sein, dass so viele Menschen dieses Problem nicht sehen wollen? Dass sie, nur als Beispiel, weiter zwei-, dreimal pro Jahr in den Urlaub fliegen, Fleischberge verzehren und bei 20 Grad und Sonne mit dem Auto den einen Kilometer zum Bäcker fahren? Warum leben sie einfach weiter, als wäre nichts?
Diese Krise verändert alles
Vielleicht, weil die Klimakrise uns alle einfach überfordert. Weil sie so viel zu groß für uns ist. Mindestens unbewusst ahnt wohl jeder: Diese Krise verändert alles – egal ob wir sie zu bremsen versuchen oder nicht. Und Veränderung fällt vielen erst mal schwer.
Versuchen wir, die Klimakrise zu bremsen, bedeutet das, dass wir mal eben die Welt neu erfinden müssen. Unsere Wirtschaft, unser Privatleben, unsere Gewohnheiten – alles muss CO2-neutral werden, und zwar bald. Sonst werden Kipppunkte überschritten, die Erderhitzung beschleunigt sich von selbst immer weiter, wir verlieren jede Kontrolle. Falls wir gar nicht erst zu bremsen versuchen, kommen die Kipppunkte früher.
Was also müsste sich tun, damit wir was tun? Ein erster Schritt könnte sein: akzeptieren, dass das Thema so überwältigend groß ist. Und uns Angst macht. Die einen haben Angst davor, dass ihre Kinder und Enkel in einer höllenheißen Dauerkrisenwelt enden werden. Die anderen fürchten, dass ihnen Traditionen genommen werden, die ihnen Halt geben und das Gefühl von Freiheit: das abendliche Grillen, die Mallorca-Sause mit dem Kartenclub, das Gaspedaldurchdrücken auf der Autobahn. Sowas kann Identität stiften.
Dass nichts passiert, ist keine Lösung
Wenn aber die Ängste der einen und die der anderen aufeinanderprallen, dann wird die Debatte schnell giftig. Und wenn sich dann noch der Bundestagswahlkampf im Streit um ein paar Cent Benzinpreissteigerung verheddert, dann geht wenig voran. Dabei ist ja gerade das keine Lösung: dass nichts passiert.
Was also könnte helfen? Vielleicht ein zweiter Schritt: über die Ängste reden, über die der einen wie die der anderen. Dann: die Fakten betrachten und akzeptieren. Und verstehen: Je radikaler und schneller wir die Klimakrise bekämpfen, desto besser wird unsere Zukunft – und desto mehr von unserem geliebten Leben können wir bewahren. Je konsequenter wir die Veränderung betreiben, desto besser können wir sie gestalten. Je länger wir warten, desto heftiger werden wir von der Veränderung überrollt.
Jeder Mensch kann helfen, die Veränderung zu gestalten. Wenn die Politiker sich weigern, der Klimakrise ernsthaft zu begegnen: Machen wir ihnen Druck. Gehen wir demonstrieren. Nehmen wir ihnen die Lüge nicht ab, alles könne bleiben wie bisher. Wählen wir Parteien, die die Dramatik des Problems verstehen – und danach handeln.
Viele Unternehmen planen eine grüne Zukunft
Alles für die Katz, weil die Kohlekraftwerke in Asien ja doch jede Anstrengung in Deutschland torpedieren? Keinesfalls. Ohnehin hilft es wenig, das zu bejammern, was wir nicht können. Besser fühlt sich an, das zu tun, was wir doch können. Und hoffen lässt der Gedanke, dass wir als veränderungsbereite Einzelne vielleicht mächtigere Mitstreiter haben, als wir denken. Das klang zuletzt an, als der Hersteller Audi ankündigte, ab 2026 ohne neue Benzin- und Dieselmodelle zu planen. Viele Unternehmen planen gerade mit Hochdruck eine grünere Zukunft. Weil sie die Dimension des Problems verstehen. Und weil sie auch in Zukunft erfolgreich wirtschaften wollen. Sie treiben heute umweltfreundliche Technologien voran, von denen sie glauben, dass die Menschen die in fünf Jahren kaufen wollen.
Jene Politiker, die heute noch beim Klimaschutz bremsen, tun das, weil sie glauben, dass die Menschen das heute wollen. Sie denken nicht in die Zukunft. Womöglich sind diese Politiker schon übermorgen Leute von gestern.
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In zwei Wochen kommt mein nächster Text. Wieder: über Veränderung.
Beste Grüße,
Andreas