Neulich saß ich mal wieder in der Nordwestbahn, auf dem Rückweg von der Arbeit. Fühlte mich platt, scrollte auf dem Handy durch Spiegel Online, wollte nur meine Ruhe. Hatte sie aber nicht. Sah nämlich aus dem Augenwinkel die Zugbegleiterin. Hörte, wie sie zu anderen sagte: „Die Fahrkarten, bitte.“ Dachte: „Och, nee!“ Wollte schon den Rucksack aufmachen und mein Monatsticket rauskramen. Da stand sie schon neben mir – und sagte: „Lassen Sie mal stecken. Ich kenne Sie ja.“ Lächelte und ging weiter.
Plötzlich fühlte ich mich, mitten in der 2. Klasse, wie ein VIP. Ich war hier wer. Ich war in diesem Regionalzug plötzlich nicht mehr nur einer von vielen – sondern einer, den man kennt. Den man zwischen Hunderten Fahrgästen als Stammkunden identifiziert. Dem man vertraut. Und dem man deshalb ganz offen ein Privileg, einen Bequemlichkeitsbonus gewährt.
Ich möchte mit diesem Text für den Wert kleiner Gesten werben. Für den Wert warmherziger, aufmerksamer, menschenfreundlicher Worte wie die der Zugbegleiterin. Denn sie verändern etwas.
Plötzlich federleicht
Klar, man kann man sagen, solche Gesten seien doch keine große Sache. Und natürlich retten sie nicht die Welt. Sie lindern nicht die Klimakrise, sie beenden nicht Russlands Massenmord in der Ukraine, sie lösen auch keinen Nazi in Luft auf. Aber sie sorgen dafür, dass andere Menschen sich für einen Moment ein bisschen größer, wichtiger, besser fühlen. Dass ihr Tag, der zuvor vielleicht schwer war, plötzlich federleicht ist. Weil sie merken, sie werden gesehen.
Wir unterschätzen vermutlich, wie sehr viele Menschen sich danach sehnen und wie sehr ihnen das fehlt: gesehen zu werden. Wir ahnen vermutlich nicht, wie einsam manche sind. Und vergessen, dass auch Nicht-Einsame sich über ein nettes Wort einfach freuen.
Besonders viel verändern solche Gesten womöglich bei Menschen, die nicht damit rechnen. Bei der gebückten Oma, die gewohnt ist, nie beachtet zu werden – und die plötzlich an der Supermarktkasse jemand lächelnd vorlässt, damit sie nicht so lange warten muss; bei dem einsamen Opa im Altenheim, der nie Besuch bekommt – aber zu Weihnachten plötzlich eine Karte von einem Wildfremden aus dem Ort, der ihm einfach eine Freude machen will; bei der Kellnerin im Restaurant, die allein von Tisch zu Tisch hetzt, superfreundlich ist, trotzdem karges Trinkgeld bekommt – und dann von einem Gast plötzlich ein Dankeschön und einige Euros mehr.
Ein aufmunternder Blick
Es gibt so viele Chancen, Menschen so zu überraschen und größer zu machen. Ob durch ein paar herzliche Worte, einen aufmunternden Blick, eine lobende Mail. Jede und jeder von Euch wird weitere Situationen kennen, in denen das geht. Das Schöne ist: Die kleinen Gesten kosten nix. Kein Geld, keine Kraft, keine Nerven. Nur ein bisschen Aufmerksamkeit in der Hatz des Alltags.
Solche Gesten verändern nicht nur für den Empfänger etwas, auch für den Sender. Er merkt, wie leicht er im Kleinen etwas bewirken kann. Freut sich darüber. Und traut sich beim nächsten Mal vielleicht mehr.
Halt und Hoffnung
Wenn an den kleinen Gesten aber beide Seiten wachsen, dann könnten sie vielleicht sogar zu einer großen Sache werden – je mehr Menschen mitmachen, desto eher. Die Gesten könnten in einer Zeit voller Krisen und Ungewissheit Halt geben, Hoffnung, Zuversicht. Und den Glauben daran stärken, dass wir zusammen die Probleme meistern können, die da kommen.
Übrigens: Wenn die Zugbegleiterin meines Vertrauens in der Nordwestbahn Dienst hat, sagt sie das seit jenem Tag jedes Mal zu mir: „Lassen Sie mal stecken. Ich kenne Sie ja.“ Und das VIP-Gefühl, das tut jedes Mal wieder gut.
So, liebe Leute, das war’s für heute. Falls Ihr mir jetzt mit einer kleinen Geste eine große Freude machen wollt, teilt diesen Text. Empfehlt ihn in Eurem Whatsapp-Status, auf Facebook, Instagram und LinkedIn. Geht ganz einfach – mit diesem Link:
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Andreas