Kürzlich ging es hier in einem Text darum, was konstruktives Denken verändern kann. Ich habe auf diesen Text enorm viele positive Rückmeldungen bekommen. Danke dafür! Zur Erinnerung: Im Kern geht es beim konstruktiven Denken, wie die Journalistin Ronja von Wurmb-Seibel es formuliert, um die Formel „Scheiße plus X“. Also darum, ein Problem klar zu benennen – und dann zu überlegen, welche Schritte passieren müssten, um das Problem zu lösen.
Heute will ich einen Schritt weiter gehen und an einem konkreten Thema zeigen, warum es so wichtig ist zu prüfen, welche Schritte wirklich zielführend sind – und welche nicht. Welche Schritte also zu Veränderung führen – und welche nur zu einer gefühlten Veränderung. Denn es nützt ja nichts, wenn wir uns mühen und total überzeugt von unseren Schritten sind und am Ende doch alles für die Katz ist.
Das Thema ist: Wie kann ich meine persönlichen CO2-Emissionen spürbar reduzieren und so zur Lösung des Klimaproblems beitragen?
Tun wir das Richtige!
Nach einem viel zu heißen und viel zu trockenen Sommer treibt diese Frage sehr viele Menschen um. Bei der Suche nach Antworten aber verirren sich manche. Woran das liegt und wie es besser ginge, zeigt auf eindrucksvolle und leicht verständliche Weise eine Recherche der gemeinnützigen Donanto Foundation. Sie hat im Jahr 2019 insgesamt 1000 Deutsche zu ihren persönlichen Maßnahmen zum Klimaschutz befragt; die Ergebnisse von damals sind heute noch immer spannend.
Das erste Ergebnis der Recherche: Die allermeisten Menschen glauben, dass fast jeder persönlich etwas fürs Klima tun wird – aber sie trauen uns weniger als zwei persönliche Maßnahmen zu. Heißt: Es ist sehr wichtig, dass das, was wir fürs Klima tun, das richtige ist. Dass also die Maßnahmen, die wir ergreifen, auch wirklich wirkungsvoll sind.
Zweites Ergebnis: Die Maßnahmen, die die Leute persönlich für den Klimaschutz ergreifen, sind die falschen. Die meisten von ihnen wollen keine Plastiktüten mehr benutzen (56 Prozent) und sich regional und saisonal ernähren (32 Prozent). Beides spart aber nur minimal CO2 ein: der Plastiktütenverzicht 3 kg CO2 pro Kopf und Jahr, die regionale und saisonale Ernährung 80 kg CO2 pro Kopf und Jahr.
Dramatisch überschätzte Hebel
Drittes Ergebnis: Viele Menschen ergreifen nicht nur die falschen Klimaschutz-Maßnahmen, sondern sie scheinen die größten persönlichen Klimaschutzhebel auch wirklich nicht zu kennen. Sie wissen also nicht, welche Verhaltensänderung tatsächlich effektiv ist. Auf die Frage, welche Maßnahme die wichtigste zur CO2-Verringerung sei, landete der Plastiktütenverzicht auf Platz 1 der Antworten-Rangliste, die regionale und saisonale Ernährung auf Platz 4. Beide Maßnahmen werden also dramatisch überschätzt.
Viertes Ergebnis: Die wirklich wirksamen Hebel, die jeder hat, werden unterschätzt und zu selten genutzt. Auf die Frage, was die Leute persönlich für den Klimaschutz tun wollen, haben 20 Prozent gesagt: eine moderne Heizung und Wärmedämmung installieren; 17 Prozent: eine Flugreise pro Jahr vermeiden; 13 Prozent: auf Fleischgerichte verzichten. Diese drei Hebel sind aber gigantisch viel wirksamer als Plastiktütenverzicht oder regionale und saisonale Ernährung.
Zum besseren Vergleich hier nochmal der gesamte Überblick, welche Maßnahme wieviel CO2 pro Kopf und Jahr einspart:
770 kg: Moderne Heizung und Wärmedämmung installieren
680 kg: eine Flugreise pro Jahr vermeiden
450 kg: auf Fleischgerichte verzichten
340 kg: verbrauchssparend Auto fahren
80 kg: regional und saisonal ernähren
3 kg: keine Plastiktüten mehr benutzen
Fakten statt Gefühle
Diese Fakten zeigen, wie wenig zielführend das Plastiktütenverbot in Deutschland ist – vom Plastikstrohhalm-Verbot in der EU ganz zu schweigen. Mit diesen mit lautem Tamtam verkündeten Verboten gibt die Politik den Menschen das Gefühl, sie würden schon ganz viel für den Klimaschutz tun und veränderten damit schon eine Menge. Aber das stimmt nicht. Im Gegenteil: Eine Papiertüte als vermeintlich bessere Alternative hat eine schlechtere CO2-Bilanz als eine Plastiktüte.
Doppelt problematisch ist so ein Fake-Fortschritt, weil die Klimakrise schnell voranschreitet und wir schnell wirksame Veränderungen brauchen, damit sie nicht unwiderruflich eskaliert.
Je dramatischer die Auswirkungen der Erderhitzung werden, desto aufgeregter wird auch die öffentliche Debatte dazu. Da verändert es viel, auf Fakten zu vertrauen statt auf Gefühle. Welche Konsequenzen der und die Einzelne dann aus den Fakten für sein oder ihr persönliches Leben ziehen will, das muss jeder selbst entscheiden.
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Andreas